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Das veränderliche “Gesicht der weiblichen Generation”. Ein Beitrag zur politischen Kulturgeschichte der späten Weimarer Republik in: Gabriele Metzler and Dirk Schumann (eds.), Geschlechter(un)ordnung in der Weimarer Republik, pp. 217-253.

Abstract: Dieser Beitrag beleuchtet am Beispiel der Boulevardzeitung Tempo, wie sich der öffentliche Diskurs über das Geschlechterverhältnis in der Spätphase der Weimarer Republik im Zusammenhang mit wirtschaftlichen und politischen Verschiebungen veränderte. Diese Zeit war von einem Bemühen geprägt, Ordnung in die Unordnung der Vorstellungen über die gesellschaftliche Rolle der Frau zu bringen, die die 1920er geprägt hatte. Tempo eignet sich besonders gut als Fallbeispiel für diesen Prozess: Die Zeitung, die zeitweise eine tägliche Auflage von 145.000 erreichte, erschien zwischen 1928 und 1933, also genau in der Zeit, in der die »Phase der relativen Stabilisierung« in die Auflösung der Republik überging. Tempo zielte besonders auf junge Frauen als Zielgruppe ab und versuchte, neue Ideen über die Geschlechterordnung anzusprechen. Darüber hinaus bot die Zeitung ihrer weiblichen und männlichen Leserschaft die Möglichkeit, sich über ihre eigenen Vorstellungen über das zeitgenössische Geschlechterverhältnis zu verständigen. In der Gegenüberstellung des sich verändernden Frauenbilds in Tempo einerseits und der Reaktion des Publikums andererseits wird deutlich, dass die diskursive Verschiebung hin zu einem konservativeren Frauenbild am Ende der Weimarer Republik hauptsächlich ein Medienphänomen war, das sich in der Selbstdefinition der Bevölkerung nur bedingt nieder- schlug.