Rechner für die Massen
Vor 25 Jahren zog mit dem Commodore 64 der Computer in deutsche Wohnzimmer ein
Die Cebit, die weltgrößte Computermesse, die zur Zeit in Hannover stattfindet, ist schon lange keine Spezialistenveranstaltung mehr. Computer sind längst zu Konsumartikeln geworden, die in fast allen deutschen Haushalten zur Wohnungseinrichtung gehören wie Fernseher oder Telefon. Begonnen hat die technische Aufrüstung des trauten Heims vor 25 Jahren. Im Frühjahr 1983 wurde der Commodore 64 in Deutschland eingeführt. Der Rechner – wegen seines klobigen Aussehens „Brotkasten“ genannt – machte aus der Büromaschine endgültig den „Personal Computer“, einen Massenartikel für den Heimgebrauch. Die Angaben zur verkauften Stückzahl schwanken zwischen 17 und 22 Millionen weltweit. Auch bei vorsichtigen Schätzungen ist der C 64 der am meisten verkaufte Rechner aller Zeiten – der VW Käfer unter den Computern.
Der Einführungspreis des C64 lag bei 1495 DM. Er besaß keine Festplatte wie moderne PCs, die Programme wurden direkt von Diskette oder aus dem namensgebenden 64 Kilobyte großen Arbeitsspeicher geladen. Heute liegt der Speicherstandard beim Millionenfachen, damals war die technische Ausrüstung des Rechners jedoch eine Sensation. Vor allem die 16-farbige Grafik und der Soundchip, der sogar Sprachausgabe erlaubte, waren revolutionär. Es war das erste Mal, dass Normalbürger Zugang zu so einem erschwinglichen und leistungsfähigen Computer hatten. Der Gründer der amerikanischen Firma Commodore, Jack Tramiel, hatte schon früh den Leitsatz „Computer für die Massen, nicht für die Klassen“ ausgegeben, eine Spitze auf den Konkurrenten Apple, dessen Rechner vor allem in Schulen und Universitäten zum Einsatz kamen. Allerdings nutzen wohl die wenigsten den Computer zum Programmieren. Der C 64 war so beliebt, weil es eine Vielzahl von Spielen gab. Für viele Jugendliche wurden die verdaddelten Nächte vor dem Bildschirm zum generationsstiftenden Erlebnis.
Auch in der DDR war der C 64 ab 1986 in den Intershops erhältlich, dort kostete er allerdings umgerechnet rund 6000 Ostmark und war damit für die meisten unerschwinglich. Ein Jahr nach der Einführung des C 64 wurde im VEB Mikroelektronik „Wilhelm Pieck“ in Mühlhausen der DDR-eigene „Kleincomputer“ KC 85 entwickelt. Auch für ihn waren Spiele erhältlich, die meisten davon Klone bekannter West-Klassiker: So wurde aus „Pac-Man“ einfach „Hase und Wolf“. Während im Westen bald eine Diskussion über die Schädlichkeit von Computerspielen einsetzte, wurde die Laien-Beschäftigung am Rechner in der DDR gefördert. Man sprach vom „Computersport“ und auf einer Konferenz zur „Computernutzung in der außerunterrichtlichen Tätigkeit“ 1988 in Halle stellte man fest, dass „Computerspiele objektiv Tendenzen besitzen, die Ideen und Werte des Sozialismus durch die Kinder über Spiel und Romantik aneignen zu lassen“. Doch auch der KC 85 kostete mehrere Tausend Ostmark, ein Massenartikel wurde er nie.
Der technische Fortschritt holte auch den C 64 ein: 1992 wurde die Fertigung eingestellt, zwei Jahre später ging Commodore Pleite. Das Vermächtnis des „Brotkastens“ ist jedoch bleibend. Die EU- Kommission stufte im Dezember virtuelle Spiele sogar als Kulturgut ein.
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